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Gut geführte Unternehmen haben kein Problem mit Corporate Governance

Interview
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Dieser Beitrag wurde veröffentlicht im Public Relations Beratungsbrief 09/05 - S. 6

Man kann feststellen, dass bei Investorengesprächen inzwischen häufiger Fragen zum Thema Corporate Governance aufkommen. Gute Corporate Governance gehört nicht nur zum guten Ton, sondern ist inzwischen vom Kapitalmarkt erwarteter Standard. Erfolgreiche Unternehmen werden an der Börse belohnt und Underperformer abgestraft. Markus Laue interviewt für Public-Relations-Experts den PR-Verantwortlichen Patrick Kiss zum Thema Corporate Communications und Corporate Governance.

Laue: Ihr Unternehmen vs. Corporate Communications - wie aktiv betreiben Sie Kommunikation, auf welchen Tools liegt Ihr Fokus?

Kiss: Wir konzentrieren uns auf Einzelgespräche. Darüber hinaus enthält unsere Website ein sehr breites Informationsangebot. Viele gute Artikel sind entstanden, ohne dass die Journalisten zu uns Kontakt hatten. Sie hatten sich aber offensichtlich intensiv auf unserer Website umgeschaut.

Laue: Welche Zielgruppen sind Ihnen besonders wichtig?

Kiss: Unser eigentliches Produkt ist die Deutsche EuroShop-Aktie. Daher konzentrieren wir uns auf die Kommunikation mit unseren Aktionären, denn sie sind unsere Kunden. Da wir Namensaktien haben, kennen wir alle unsere Aktionäre. Mit Mailings können wir sie direkt informieren. Das ist ein enormer Vorteil in der Kommunikation. Wir haben eine sehr enge Bindung zu unseren Aktionären. Jeder neue Aktionär wird mit einem persönlichen Schreiben begrüßt, alle Aktionäre, die einen runden Geburtstag feiern, bekommen einen Glückwunschbrief. Das steigert das Vertrauen und die Aktionärstreue.

Unsere potenziellen Aktionäre erreichen wir in sehr starkem Maße über Multiplikatoren, zu denen wir ebenfalls einen engen Kontakt pflegen. Das sind vor allem Journalisten und Analysten. Letztere sind sehr wichtig, um den Kontakt zu institutionellen Investoren aufzubauen, die wir dann in One-on-One-Meetings treffen.

Laue: Wie beurteilen Sie Corporate Governance? Können Corporate-Governance-Einhaltungen Analysten und Investoren überzeugen oder zählt doch das Ergebnis?

Kiss: Zu behaupten, ich sei ein Fan von all den Regularien bzgl. Corporate Governance, wäre sicher übertrieben. Aber: Unternehmen, die nach dem State of the Art am Kapitalmarkt agieren und kommunizieren wollen, können sich hier nicht verstecken.

Aufgrund von skandalösen Aktivitäten einiger schwarzer Schafe im Kapitalmarkt fordern Gesetzgeber und Investoren jetzt die Erfüllung von strengeren Auflagen. Seriöse und gut geführte Unternehmen haben aber mit der weitgehenden Einhaltung des Corporate-Governance-Kodex kein Problem. Man kann schon feststellen, dass bei Investorengesprächen inzwischen häufiger Fragen zum Thema Corporate Governance aufkommen. Gute Corporate Governance gehört nicht nur zum guten Ton, sondern ist inzwischen vom Kapitalmarkt erwarteter Standard. Ob das Vertrauen dadurch gestiegen ist, sei dahingestellt. Erfolgreiche Unternehmen werden an der Börse belohnt, Underperformer abgestraft - auch wenn ihre Corporate Governance noch so weit fortgeschritten ist.

Laue: Welche Verbesserungen wünschen Sie sich bei der Gesetzgebung im Rahmen der Kommunikationsarbeit?

Kiss: Mit dem kürzlich von der BaFin veröffentlichten Emittentenleitfaden sind wir einen großen Schritt vorangekommen. Jetzt sollte der Gesetzgeber erst einmal all seine Initiativen wirken lassen und beobachten, ob weitere Anpassungen notwendig sind. Auch hier spielt Vertrauen eine große Rolle: das Vertrauen in die selbstregulierenden Kräfte des Kapitalmarktes.

Laue: Von welchen Kommunikationsproblemen ist Ihr Unternehmen derzeit betroffen?

Kiss: Eigentlich sind wir von positiven Problemen betroffen: Es wollen so viele Investoren mit uns sprechen, um uns kennen zu lernen, dass die Berge auf unseren Schreibtischen immer größer werden. Wir können uns wirklich nicht beklagen.

Laue: Wie beurteilen Sie die Macht der Medien in Bezug auf das "redaktionelle Begleiten" eines Niedergangs eines Unternehmens - oder sind es immer Managementfehler bzw. Kommunikationslücken, die von Journalisten aufgedeckt wurden?

Kiss: Das ist für mich als Außenstehender schwierig zu beurteilen. Ein Fall, der mir in Erinnerung geblieben ist, war der von Comroad. Hier war es eine Journalistin, die betrügerische Aktivitäten aufgedeckt hat, die bis dahin keinem Investor oder Analysten aufgefallen waren. Generell kann man sagen, dass in der Medienwelt oft noch der alte Spruch Gültigkeit hat "Only bad news are good news". Es gab aber auch schon Beispiele, bei denen das kritische "redaktionelle Begleiten" dazu geführt hat, dass sich die Unternehmenskommunikation deutlich verbessert hat. Es tut gut, zu beobachten, dass auch Unternehmen aus ihren Fehlern lernen können.

Laue: War Ihr Unternehmen mal von extrem negativem, unfairem und schlechtem Journalismus betroffen? Vielleicht können Sie ein Beispiel skizzieren und Ihre Kommunikationsstrategie in diesem Zusammenhang erläutern?

Kiss: Nein, erfreulicherweise hatten wir eine solche Situation bisher nicht.

 

Zur Person: 
Patrick Kiss, CEFA-Investmentanalyst/DVFA, studierte BWL in Frankfurt und ist
zum Zeitpunkt der Veröffentlichung: Head of Investor & Public Relations bei der Deutsche EuroShop AG, ein MDAX-Unternehmen aus der Immobilienbranche.


© 2008 by Patrick Kiss

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www.deutsche-euroshop.de
www.dirk.org