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Die DRPR-Richtlinie zur Ad-hoc-Publizität:
Pro und Contra

Standpunkt P. Kiss
Standpunkt J. Pfannenberg
Hintergrund

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht im JP:PR News-Service März 2004

Im vergangenen Oktober verabschiedete der Deutsche Rat für Public Relations (DRPR) die Richtlinie "Grundsätze ordnungsmäßiger Ad-hoc-Publizität zu Wertpapierhandelsgesetz/WpHG § 15". Im Wesentlichen werden vier Gebote einer „redlichen“ Ad-hoc-Publizität erläutert:
  • das Gebot der reinen Tatsachendarstellung
  • das Gebot, den Neuheitswert der Tatsachen zu beachten
  • das Gebot der Transparenz
  • das Gebot, Irreführungen zu vermeiden.
In einer Pressemitteilung legitimiert die Deutsche Public Relations Gesellschaft, ein Träger des DRPR, diese Initiative: „Trotz des bereits von der Deutschen Börse AG veröffentlichten Leitfadens zur Ad-hoc-Publizität und der umfangreichen Kommentierung des § 15 WpHG durch Praktiker und Fachjuristen besteht in vielen konkreten Einzelfällen für die Praktiker aus der Capital Market Relations-Arbeit Orientierungsbedarf.“

Zwei Standpunkte zu Legitimation und Sinnhaftigkeit der Richtlinie

Patrick Kiss,
zum Zeitpunkt der Veröffentlichung: Head of Investor and Public Relations der Deutschen EuroShop AG und Vorstand des Deutschen Investor Relations Kreises:

  • Die Ad-hoc-Richtlinie des DRPR ist eine begrüßenswerte Initiative. Sie ist für den IR-Manager ein einfaches, konkretes Tool zur Umsetzung der komplexen gesetzlichen Regelungen. Als besonders praktisch dürfte sie sich insbesondere für kleine Unternehmen erweisen, die nur begrenzte IR-Ressourcen haben.
  • Gerade der DRPR tut gut daran, Regeln für diesen sensiblen Bereich zu formulieren: In vielen Unternehmen herrscht eine personelle Trennung zwischen der Kommunikation mit der Öffentlichkeit und jener mit den Investoren. Gerade Öffentlichkeitsarbeiter brauchen daher möglichst einfache und praktische Hilfen, um beispielsweise mit Finanzjournalisten in angemessener Weise über kursrelevante Inhalte zu kommunizieren.
  • Für die Brisanz der Ad-hoc-Kommunikation kann nicht genug sensibilisiert werden – und sei es mit einem Appell an die Redlichkeit der Kommunikatoren. Dies umso mehr, als bis zum 12. Oktober 2004 die EU-Richtlinie gegen Marktmissbrauch umgesetzt wird, die wesentlich strengere Kriterien für die Meldepflicht von Insidergeschäften als die bisher in Deutschland gültigen festlegt.
     

Jörg Pfannenberg, Geschäftsführer der JP:PR PR-Beratung GmbH:

  • Die korrekte Umsetzung von Ad-hoc-Meldungen regelt § 15 WpHG. Kommentare gibt es bereits zur Genüge von berufener Stelle, z. B. den Leitfaden „Insiderhandelsverbote und Ad hoc-Publizität nach dem Wertpapierhandelsgesetz“ der Deutsche Börse AG und des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel (BaWe). Für weitere Appelle an die Moral besteht kein Bedarf.
  • Die Basis für den Anspruch, Richtlinien zu setzen, ist ausgewiesene Fachkompetenz. Die Versuche von Verbänden, sich über Ethik-Themen in einem Markt ins Gespräch zu bringen, haben noch nie funktioniert.
  • Begriffe wie „Tatsachen“, „Transparenz“ oder „Irreführung“ blenden auf naive Weise die Erkenntnis aus, dass Wirklichkeit eine Konstruktion ist, die in unseren Köpfen entsteht.
  • Bei der Ad-hoc-Publizität geht es nicht um Moral, sondern um Kommunikation im Interesse des Unternehmens – also um die effiziente Steuerung eines sozialen Prozesses. Dabei muss sich das Unternehmen die Diskursregeln zu Nutze machen. Dementsprechend orientieren sich Verantwortliche für Finanzkommunikation in Unternehmen nicht an übergeordneten Zielen des Finanzmarkts („Das Funktionieren der Märkte“), sondern sie arbeiten im Spannungsfeld von Unternehmenszielen auf der einen Seite und Erwartungen der Financial Community und der überwachenden Behörden auf der anderen Seite.
Hintergrund:
DRPR-Richtlinie: Grundsätze ordnungsmäßiger Ad-hoc-Publizität zu Wertpapierhandelsgesetz /WpHG § 15, Absatz 1, Sätze 1 bis 3

Leitfaden: Insiderhandelsverbote und Ad hoc-Publizität nach dem Wertpapierhandelsgesetz von BaWe und Deutscher Börse AG

Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation/Marktmissbrauch

Deutscher Investor Relations Kreis, DIRK e.V.



Martin Wiesheu, Juniorberater JP:PR


© 2008 by Patrick Kiss

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