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Fast-Food soll Investoren Appetit machen

Von Patrick Kiss, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung:Handelsblatt, New York

Cosi fan tutte
Seagate

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht im Handelsblatt, Nr. 226, 22.11.2002, Seite 37

Kommende IPOs gelten als Stimmungstest für den US-Aktienmarkt

In dieser Woche stehen drei Unternehmen vor ihrem Gang an die US-Börsen. Nach den Kurseinbrüchen der vergangenen Monate mehren sich damit die Anzeichen dafür, dass das Vertrauen in die US-amerikanischen Kapitalmärkte zurückkehrt – das gilt auch aus der Sicht der Emittenten.

NEW YORK. „Cosi fan tutte – so machen’s alle“, dachte sich das Management der Sandwichkette Cosi und wagt in diesen Tagen den Sprung an die Börse. Zwar sind die Zeiten, in denen Neulinge an den Pforten der Wall Street und vor allem an der US-Technologiebörse Nasdaq Schlange standen schon lange vorbei. Dennoch haben sich die Cosi-Chefs vorgenommen, nicht nur die Gaumen, sondern auch das Depot der Investoren zu erfreuen.

Die Oper von Mozart stand Pate bei der Namenswahl des New Yorker Unternehmens, das am Freitag sein Debüt an der Nasdaq gibt. Für die Fast Food-Kette bleibt dabei zu hoffen, dass das Drama mit Happy End auch den eigenen Weg an die Börse sinnbildlich widerspiegelt. Denn unter normalen Umständen würde das Unternehmen kaum die besondere Aufmerksamkeit der Finanzwelt erlangen. Nachdem allerdings die Investmentbanken Credit Suisse First Boston, Bank of America und U.S. Bancorp Piper Jaffray aus dem Emissionskonsortium ausgestiegen sind, verbleibt nun nur noch William Blair & Co als einziges Institut, das den Börsengang begleitet.

Die spannende Frage ist nun, ob es dem eher kleinen Institut gelingt, eine Neuemission in diesen Zeiten erfolgreich zu platzieren. Die Aufgabe ist nicht einfach. Cosi arbeitet nicht profitabel, schaffte es aber, den Verlust in den ersten neun Monaten dieses Jahres um knapp ein Viertel auf 17 Mill. $ zu reduzieren. Den Umsatz steigerte das Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr um 16 % auf 61 Mill. $.

Mit einem Volumen von 50 Mill. Dollar ist Cosi eher eine kleine Emission. Doch sie ist zum Erfolg geradezu verdammt. „Profitable Unternehmen können mit dem Börsengang warten“, meint David L. Menlow, Präsident des Informationsdienstes IPOfinancial.com., „das gilt aber nicht für Cosi.“ Menlow schätzt, dass dem Unternehmen im Sommer 2003 das Geld ausgehen wird, wenn es kein frisches Kapital über die Börse bekommt. Unter diesen Vorzeichen gilt Cosi als wichtiger Stimmungstest für das gesamte IPO-Geschäft an den US-Börsen. „Es bleibt abzuwarten, ob Investoren sich an ihre Vorsätze erinnern können, nur Aktien von Unternehmen zu kaufen, die Gewinne erwirtschaften“, so Menlow.

Während in diesem Jahr bis zum September kaum Börsengänge stattfanden, wagten in den Oktoberwochen teilweise bis zu fünf Unternehmen den Sprung auf das glatte Parkett. Dass es dabei durchaus gelungene Going Publics gibt, zeigt das Beispiel von Impac Medical Systems. Der Kurs des Anbieters medizinischer Informationstechnologie für die Krebsvorsorge lag am Mittwoch, dem ersten Handelstag, immerhin knapp 20 % über dem Emissionspreis von 15 $.

Bestätigt sich dieser positive Trend, werden wahrscheinlich auch bekanntere und größere Unternehmen an den Markt kommen. In der ersten Dezemberwoche will die 1898 gegründete Terminbörse Chicago Merchantile Exchange drei Millionen Aktien an der New York Stock Exchange (NYSE) platzieren. Die Emission hat ein Volumen von ca. 100 Millionen $. Und am 9. Dezember strebt der weltgrößte Hersteller von Computer-Festplatten, Seagate Technology, an die Nasdaq. „Das wird der Liebling der Investoren“, erwartet Menlow. Das Emissionsvolumen soll bei etwa einer Milliarde $ liegen.

Damit wäre Seagate die größte US-Neuemission seit dem Börsengang der Unternehmensberatung Accenture im Juli 2001. Viele Experten glauben, dass ein positiver Verlauf Verlauf der Platzierung quasi eine Initialzündung für Börsengänge vieler weiterer Unternehmen sein könnte, die bisher auf bessere Stimmung am heimischen Kapitalmarkt gewartet haben. „In 2002 sind bereits mehr Unternehmen an die NYSE gegangen als im Vorjahr“, berichtet Richard Adamonis, Sprecher der NYSE. Die Emissionspipeline sei gut gefüllt, zumal sich auch immer mehr ausländische Firmen wie beispielsweise jüngst China Telecom für eine Zweitnotiz an einer US-Börse entscheiden.

(HANDELSBLATT, Freitag, 22. November 2002)


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